Kochbücher für Vegetarier und Veganer Ohne Fleisch und tierisch gut

Vegane und vegetarische Pilzrezepte von Martin Nordin: Keine Exoten, sondern alte Bekannte wie Champignons, Kräuterseitlinge oder Pfifferlinge
Foto: Mykola / Panthermedia / IMAGOMartin Nordin: »Aus dem Wald: 50 feine Rezepte mit Steinpilz, Pfifferling und Co.«
Pilze leben zwar in einer Zwischenwelt jenseits von Flora und Fauna, gehören kulinarisch aber in den Kosmos der veganen Küche. Zum Glück, denn ihr Geschmack, ihre Textur und ihre manchmal fast schon animalischen Umami-Noten bereichern die tierfreie Cuisine. Sie sind zudem eine gute Eiweißquelle und enthalten Mineralstoffe wie Kupfer, Jod, Mangan, Kalium, Selen, Zink. Ihr hoher Wasser- und niedriger Fettgehalt machen sie besonders kalorienarm.
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Letzteres ist dem Schweden Martin Nordin ziemlich egal, ihm geht es um den Genuss. In seiner Freizeit geht der ehemalige Creative Leader von Ikea Food – von der Statur her halb Mann, halb Bär – am liebsten in die Pilze, also tief hinein in die myzelreichen Wälder seiner Heimat.
Doch wenn es an die Zubereitung seiner Beute geht, wird Nordin plötzlich multikulti. Er aromatisiert mit Sojaprodukten von Tamari über Shio Koji bis Miso, addiert Meeresnoten mit schwedischem Tang statt asiatischen Algen, schärft mit Gochugaru-Chili und emulgiert seine Mayo mit Aquafaba-Einweichwasser von Kichererbsen.
All diese Zutaten sind leicht zu bekommen in gut sortierten Asia-Abteilungen im Supermarkt. Zum Glück wird auch fast nie mit irgendwelchen Pilz-Exoten gekocht, sondern mit alten Bekannten wie Champignons, Kräuterseitlingen, Austernpilzen, Pfifferlingen, Steinpilzen, Portobellos, Morcheln und Shiitake. Dafür muss man nicht in den Wald stapfen, ein guter Laden reicht. Die kleinen nussig-süßlich schmeckenden Samthauben kann man sogar mit einer Pilzbox auf dem Küchenfensterbrett züchten.
Schon beim ersten Durchblättern der 192 Seiten mit durchweg ungekünstelten Fotos stellt sich Vorfreude auf ein wohliges Gefühl von Mundfülle und warme Grundaromatiken ein: In den leicht nachkochbaren Rezepten fermentiert Nordin munter, legt in Essig ein, dörrt – und vor allem röstet, frittiert und grillt er.
Alle Gerichte sind rein pflanzlich konzipiert, cremige Soßen werden auf Nussmilch-Basis gekocht. Wenn Nordin zwischendurch mal ein Esslöffel Honig in die Zutatenliste rutscht, muss aber kein Veganer aufschreien. Der Bienennektar lässt sich einfach nonchalant mit Dattelsirup oder Ähnlichem substituieren.
Viel Druck auf den Gaumen bringen auch die in vielen Rezepten verwendeten Nussbutter-Varianten, die hier tatsächlich aus Nüssen und nicht aus Butter gewonnen werden. Für deren Herstellung ist allerdings ein wirklich leistungsstarker Mixer oder Blender nötig.
Damit hat es sich aber schon mit Spezialequipment. Eine normale Hobbyküchenausstattung langt völlig für schmackige Nordin-Kreationen wie »Pasta mit cremigem Palmkohl«, »Steinpilzrisotto mit Cashewbutter«, »Weiße Pizza mit Trompetenpfifferlingen« und »Gebratene Spitzmorcheln mit Walnusssauce und Avocadoöl«.
Wer braucht das? Jeder, der gerne Pilze isst und sein Repertoire erheblich erweitern möchte.
Typisches Rezept? »Geröstete Champignons mit Pastinaken und Malzessig-Mayonnaise«
Was kostet das? 27,99 Euro
Preisabfragezeitpunkt
28.03.2023 21.15 Uhr
Keine Gewähr
Ali Güngörmüş: »Meze vegetarisch«
Der in München gourmetsozialisierte TV-Koch mit türkischen Wurzeln hat die Pinzettenküche seines Sternelokals Le Canard Nouveau mit grandiosem Elbblick in Hamburg längst hinter sich gelassen. Seit 2014 ist er zurück an der Isar. Dort fand Güngörmüş im Restaurant Pageou – benannt nach dem Dorf in Ostanatolien, in dem er die ersten zehn Jahre seines Lebens verbrachte – zu einfacheren Tellerkompositionen zurück. 2022 eröffnete er im hippen Glockenbachviertel schließlich den Edelimbiss Pera Meze, in dem er die gleichnamigen Levante-Snacks in leicht modernisierten Versionen kocht.
Meze, oder auch Mezze, Mese, Mazza und Meza, sind die typischen kleinen, warmen oder kalten Snacks und Vorspeisen der Länder am östlichen Mittelmeer. Sie werden häufig in vielen kleinen Schüsseln serviert, ergänzt von Dips, Soßen, Cremes, Salaten und dem jeweils ortsüblichen Brot – von Pide über Fladenbrote wie das Bazlama bis hin zu Yufka und Simit (Sesamringe).
Mit diesen Backrezepten beginnt Güngörmüş die 224 Seiten seines aktuellen Buches. Mazza auf vegetarische Zubereitungen zu beschränken, fällt nicht schwer, kommen die Snacks ohnehin oft ohne Fleisch oder Fisch aus. Vegan sind aus diesem Grunde automatisch die vorgestellten Speisen, die ohne Milchprodukte, Eier und Honig rezeptiert wurden – und das trifft auf mehr als die Hälfte der schmackhaften Leckereien zu.
Schön an Güngörmüş` Konzept ist der modulare und mengenmäßig beliebig skalierbare Ansatz der Gerichte, die ja fast immer mit mehreren Freunden oder Familienmitgliedern am Esstisch kreuz und quer geteilt werden. Und wenn er ordentlich auffährt, biegt sich so manche Tischplatte: Spitzkrautsalat mit Cranberrys und Minze, Pogaca mit Schafskäse-Petersilie-Füllung, Blumenkohl-Wassermelonensalat mit Rauchmandel, Auberginen-Tomatencreme, gegrillte Spitzpaprika, Fenchel-Orangen-Salat, Paprika-Salsa. Und das sind nur ein paar Schüsselchen aus dem Gemüse-Kapitel.
Mithilfe von »Meze vegetarisch« können also Veganer, Veggies oder Ovo-Laktos entspannt an einer Tafel speisen. Selbst die Omnivoren werden wohl bei Umami-Bomben wie »Pochierte Eier mit Romanasalat und Sauce Béarnaise« oder »Geschmorte Rote Bete mit Burrata« kein Fleisch vermissen.
Wer braucht das? Alle, die für Familie oder Freundeskreis gerne mal den Tisch voll mit Schüsselchen zum Teilen stellen.
Typisches Rezept? »Kartoffelnudeln mit Paprikacreme, Honigtomaten und Rucola«
Was kostet das? 24,95 Euro
Preisabfragezeitpunkt
28.03.2023 21.15 Uhr
Keine Gewähr
Toni Rodríguez: »Die vegane Backbibel. 100 internationale Rezepte der modernen Patisserie«
Angesichts der fast immer auf Backe-backe-Kuchen-Amateurniveau herumkrebsenden Bücher für tierfreie Patisserieprodukte hat die vegane Welt auf dieses Standardwerk gewartet. Der Spanier Toni Rodríguez forscht seit 2004 an der Frage, wie sich bei Backwerk, Desserts, Mousses, Petit Fours, Biskuits, Ganaches, Torten und Eiscreme tierische Zutaten so substituieren lassen, dass ein identisches Genusserlebnis für alle Zuckerschlecker entsteht.
Rodríguez entwickelte sich nach und nach zu einer Art Messias dieser Szene. Seit vielen Jahren betreibt er eine eigene vegane Konditorei in Barcelona (Lujuria Vegana) und bildet in seiner Patisserie-Schule Wildslice die kommende Garde moderner Konditoren aus – auch in mehrsprachigen Onlinekursen.
Auf 320 Seiten verdient sich Rodríguez nicht nur mit mehr als 500 Stepfotos die höheren Weihen einer Fachbibel. Das Buch ist in Sachen Design, Didaktik, Nachhaltigkeit und Zuckerreduktion ebenfalls absolut auf der Höhe der Zeit. Natürlich darf das Rezept für seine legendären Macarons ohne Eiweiß (passt auch für Financiers oder Dacquoise) nicht fehlen: Rodríguez benötigte mehr als 300 Versuche, um herauszufinden, dass sich das Eiklar am besten mit einer Mischung aus 91 Prozent Wasser, 8,6 Prozent eines speziellen Kartoffelproteins und 0,4 Prozent Xanthan ersetzen lässt. Diese und alle anderen Ergebnisse seiner Experimente mit Substituten zum Beispiel für Eigelb, Butter und Konditorsahne sind ausführlich und nachvollziehbar erklärt.
Das trifft für alle hier rezeptierten Konditoreiprodukte zu, wenngleich einige Zubereitungsanweisungen wie das mehrseitige Rezept für vegane Croissants (mit einem mildgesäuerten Plunderteig) eher für professionelle Leser aus der Branche interessant sein dürften. Eine Zielgruppe, die sich aber auch nicht unterfordert fühlen wird mit Backwerk wie Donuts, Marmorkuchen, Lütticher Waffeln, Blaubeer-Scones, Shortbread, Crostata, Polvorones, Zitronentarte und dem guten alten Apfelkuchen. Sie werden wohl auch überzeugt sein, wenn sie diese Teilchen aus dem Ofen holen und sehen, wie perfekt alle trotz Komplettverzicht auf Zutaten tierischen Ursprunges gelingen können. Hier klappt wirklich alles, auch die Ensaimada ohne das namensgebende Schweineschmalz oder gar Blätterteig-Schweineohren ohne Butter.
Wer braucht das? Profi-Konditoreischaffende und Daheimbackende, die das komplette Repertoire tierfrei backen wollen.
Typisches Rezept? »Bûche de Noël mit Orange und Mandeln«
Was kostet das? 49,99 Euro
Die vegane Backbibel
Preisabfragezeitpunkt
28.03.2023 21.15 Uhr
Keine Gewähr
Hintergrund: Produkttests im Ressort Tests
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes waren Dachzeile, Überschrift und Teaser irreführend formuliert: Nur in einem der drei Kochbücher sind ausschließlich tierfreie Rezepte. Wir haben die Stellen entsprechend korrigiert.