Komplettverbot gefordert TikTok-Chef wird im US-Kongress aussagen

Manche amerikanischen Politiker wollen die bei Kindern und Jugendlichen beliebte Video-App TikTok am liebsten ganz loswerden. Der Konzern reagiert mit einer Lobbykampagne und dem »Projekt Texas«.
TikTok-Chef Shou Zi Chew: Wie geht es in den USA weiter?

TikTok-Chef Shou Zi Chew: Wie geht es in den USA weiter?

Foto: Bloomberg / Bloomberg via Getty Images

TikTok, die Vorzeige-App des chinesischen Konzerns ByteDance, bekommt immer mehr Gegenwind von US-Politikern. Nun hat das Unternehmen bestätigt: Sein Chef Shou Zi Chew wird im März vor dem Kongress Rede und Antwort stehen. Es geht für die App mit allein in den USA mehr als 100 Millionen Nutzerinnen und Nutzern ums Ganze: Bereits jetzt wird im Repräsentantenhaus ein Gesetz debattiert, mit dem die App aus Gründen nationaler Sicherheit komplett verboten werden könnte. Von mehreren Millionen Arbeitshandys von Staatsbediensteten ist die App bereits verbannt worden.

Der Kernvorwurf ist der Missbrauch von Nutzerdaten. »TikTok, das sich im Besitz von ByteDance befindet, hat der Kommunistischen Partei Chinas wissentlich die Möglichkeit gegeben, auf amerikanische Nutzerdaten zuzugreifen«, behauptet die republikanische Abgeordnete Cathy McMorris Rodgers, die den Energie- und Handelsausschuss leitet. Deshalb habe sie Chew für den 23. März vorgeladen.

Charmeoffensive mit »Projekt Texas«

Wie die »New York Times« berichtet, hat der Social-Media-Konzern im Umgang mit Behörden und Parlamenten eine Kehrtwende eingelegt: In der Vergangenheit hielt sich die Firma eher zurück und mied das Licht der Öffentlichkeit. Doch dies reichte nicht aus, um die immer wieder neu aufflammende Kritik an der App zum Verstummen zu bringen, die unter anderem wegen ihrer Empfehlungsalgorithmen angegriffen wird. Also sucht Chew nun das direkte Gespräch. Zudem hat er TikToks Lobbyismus-Aktivität verstärkt.

Bei einem Kurzbesuch in Washington traf sich Chew vor Kurzem mit Vertretern einflussreicher Thinktanks und Interessengruppierungen, und stellte das »Projekt Texas« vor, mit dem die amerikanischen Bedenken beruhigt werden sollen. Demnach soll das Unternehmen zwar in chinesischer Hand bleiben, die Daten amerikanischer Nutzerinnen und Nutzer sollen aber beim US-Anbieter Oracle gespeichert werden. Zusätzlich will TikTok ein Gremium bilden, das die Moderationspolitik überarbeitet. Seine Empfehlungsalgorithmen will TikTok zwar nicht offenlegen, aber von einer externen Firma auditieren lassen.

Ob das jedoch ausreichen wird, um die US-Politiker zu besänftigen, steht alles andere als fest: Schon unter Donald Trump stand die App in den Vereinigten Staaten unter heftiger Kritik, dank einer Reihe neuer Skandale ist die Regierung von Joe Biden zu dem Konzern nicht wesentlich positiver eingestellt. ByteDance räumte jüngst etwa ein, dass sich Mitarbeiter unerlaubt Zugang zu Daten von zwei US-Journalisten verschafft hatten.

Auch in Brüssel war Chew vor Kurzem zu Besuch, konnte aber die Bedenken der europäischen Politiker augenscheinlich nicht ausräumen. EU-Kommissar Thierry Breton drohte nach einem Gespräch sogar mit Konsequenzen, sollte TikTok die neue europäische Onlinegesetzgebung nicht zur Zufriedenheit Brüssels umsetzen.

tmk/Reuters
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