Restriktive Gesetzgebung 14-jährigem Vergewaltigungsopfer wurde Abtreibung verwehrt – Entsetzen in Polen

Demonstration von Gegnern der restriktiven Abtreibungspolitik in Polen (im Juni in Warschau)
Foto: Aleksander Kalka / ZUMA Wire / IMAGOWegen seiner restriktiven Abtreibungsgesetze steht Polen international ohnehin schon massiv in der Kritik. Die jüngsten Meldungen aus dem Land dürften das nur noch befeuern: Eine 14-Jährige wurde in mehreren Kliniken zurückgewiesen, in denen sie sich um einen Schwangerschaftsabbruch bemüht hatte. Die Jugendliche ist geistig behindert und wurde der Frauenrechtsgruppe Federa zufolge nach einer Vergewaltigung durch ihren Onkel schwanger.
Nun hat sich auch Polens Gesundheitsminister Adam Niedzielski eingeschaltet: »Wir sind entsetzt über diesen Fall und unsere Reaktion darauf ist eindeutig«, sagte er am Montag vor Journalisten.
Frauenrechtsgruppen und die Opposition im Land fordern nun erneut lautstark, die polnischen Abtreibungsgesetze zu lockern. Seit Inkrafttreten eines fast vollständigen Verbots im Jahr 2021 sind Abtreibungen in dem Land nur noch dann zulässig, wenn die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist oder das Leben oder die Gesundheit der Frau gefährdet.
Durch den Fall der 14-Jährigen wurde jedoch deutlich, dass es Frauen selbst in solchen Fällen schwer gemacht werden kann, eine Abtreibung ausführen zu lassen.
Der Frauenrechtsgruppe Federa zufolge war sich die Jugendliche ihrer Schwangerschaft nicht bewusst. Ihre Tante erfuhr jedoch von der sexuellen Misshandlung durch den Onkel und bemühte sich um eine Abtreibung. Ärzte an mehreren Krankenhäusern im Osten Polens verweigerten den Eingriff jedoch. Sie beriefen sich dabei auf eine Gewissensklausel, auf deren Grundlage Ärzte eine Abtreibung ablehnen können, falls dies ihren religiösen Überzeugungen widerspricht.
»Barbarisch und unmenschlich«
Erst nachdem Federa sich für das Mädchen eingesetzt hatte, wurde eine Abtreibung in einem Krankenhaus in Warschau ausgeführt. Mehrere Oppositionsvertreter forderten nach Bekanntwerden des Falls eine Änderung des Abtreibungsgesetzes. Die Gewissensklausel sei »barbarisch und unmenschlich« und müsse abgeschafft werden, sagte Katarzyna Kotula von der linksliberalen Partei Wiosna. Mitte-links-Politikerin Barbara Nowacka von der Bürgerkoalition kündigte einen Gesetzentwurf der Opposition zur Abschaffung der Gewissensklausel im Sejm an.
Polens Oberstes Gericht hatte mit Unterstützung der nationalkonservativen Regierung im Oktober 2020 auch die Abtreibung schwer fehlgebildeter Föten für verfassungswidrig erklärt und damit den Weg für eine Verschärfung des auch zuvor schon sehr restriktiven Abtreibungsrechts freigemacht.